Bei den Kartensprüchen zu Weihnachten handelt es sich nicht um Sprüche oder Zitate, sondern um ausgewachsene Gedichte. Manche davon kennt ihr vielleicht schon seit eurer Kinderzeit, andere nicht. Auf jeden Fall kann man sie gut beim Basteln von Karten oder Scrapbooks einsetzen…
Advent, Advent
Advent, Advent, ein Lichtlein brennt!
Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier,
dann steht das Christkind vor der Tür!
— Volksmund
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Was das Christkindlein sagt
Das Christkindlein bin ich genannt,
den frommen Kindern wohl bekannt,
die ihren Eltern gehorsam sein,
die frühe aufstehen und beten gern,
denen will ich alles bescher’n.
Die aber solche Holzblock sein,
die schlagen ihre Schwesterlein
und necken ihre Brüderlein,
steckt Ruprechts in den Sack hinein.
— Des Knaben Wunderhorn
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Zu Weihnachten
Das ist der liebe Weihnachtsbaum.
Ja solch ein Baum!
Der grünt bei Schnee, der glänzt bei Nacht
wie die himmlische Pracht,
trägt alle Jahre seine Last,
Äpfel und Nüsse am selben Ast,
Zuckerwerk obendrein –
so müßten alle Bäume sein!
Nun hat ihn gebracht der Weihnachtsmann,
drei Kinder steh’n und seh’n ihn an.
Das erste spricht:
„Der ist doch Weihnacht das Schönste, nicht?“
Das andre: „Woher an Äpfeln und Nüssen
Gold und Silber wohl kommen müssen?
Ich denk mir, das Christkind fasste sie an,
gleich war Gold oder Silber dran.“
Das dritte: „Christkind müßte einmal
den ganzen Wald so putzen im Tal;
dann würde gleich aller Schnee zergeh’n,
und dann – das gäb ein Spazierengeh’n!“
— Victor Blüthgen
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Es gibt so wunderweiße Nächte…
Es gibt so wunderweiße Nächte,
drin alle Dinge silbern sind.
Da schimmert mancher Stern so lind,
als ob er fromme Hirten brächte
zu einem neuen Jesuskind.
Weit wie mit dichtem Diamantstaube
bestreut, erscheinen Flur und Flut,
und in die Herzen, traumgemut,
steigt ein kapellenloser Glaube,
der leise seine Wunder tut.
— Rainer Maria Rilke
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Christkindchen
Wo die Zweige am dichtesten hangen,
die Wege am tiefsten verschneit,
da ist um die Dämmerzeit
im Walde das Christkind gegangen.
Es musste sich wacker plagen,
denn einen riesigen Sack
hat’s meilenweit huckepack
auf den schmächtigen Schultern getragen.
Zwei spielende Häschen saßen
geduckt am schneeigen Rain.
Die traf solch blendender Schein,
dass sie das Spielen vergaßen.
Doch das Eichhorn hob schnuppernd die Ohren
und suchte die halbe Nacht,
ob das Christkind von all seiner Pracht
nicht ein einziges Nüsschen verloren.
— Anna Ritter
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Erwartungen der Weihnacht
Noch eine Nacht – und aus den Lüften
herniederströmt das goldne Licht
der wundersamen Weihnachtsfreude,
verklärend jedes Angesicht.
Und wieder klingt die alte Sage:
Wie einst die Lieb geboren ward,
die unbegrenzte Menschenliebe
in einem Kindlein hold und zart.
Nun zieht ein süßes erschauernd Ahnen
durch Höhn und Tiefen, Flur und Feld.
Nun deckt geheimnisvoll ein Schleier
es trauten Keimes kleine Welt.
Dahinter strahlt’s und lacht’s und flimmert’s
und ist der süßen Rätsel voll;
durch alle Räume weht ein Odem
der Freude, die da kommen soll.
Und draußen nicken Bäum‘ und Büsche
so leise in der klaren Luft.
Die Kunde kam, dass neues Leben
sich wieder regt in tiefer Gruft.
Es knarrt die Eiche vor dem Fenster,
sie träumt von langer Zeiten Lauf;
das steigt wohl auch ein froh Erinnern
in ihrer Krone still hinauf.
O weilet, einzig schöne Stunden,
verweile du, der Hoffnung Glück!
Vermöcht‘ ich’s nur, mit allen Kräften
der Seele hielt’ ich dich zurück.
Die süßen Träume des Erwartens,
der Wunder und Gesichte voll,
ihr seid noch schöner als der Jubel,
die Freude, die da kommen soll.
— Otto Ernst
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Und wieder nun lässt aus dem Dunkeln…
Und wieder nun lässt aus dem Dunkeln
Die Weihnacht ihre Sterne funkeln!
Die Engel im Himmel hört man sich küssen
Und die ganze Welt riecht nach Pfeffernüssen…
So heimlich war es die letzten Wochen,
Die Häuser nach Mehl und Honig rochen,
Die Dächer lagen dick verschneit
Und fern, noch fern schien die schöne Zeit.
Man dachte an sie kaum dann und wann.
Mutter teigte die Kuchen an
Und Vater, dem mehr der Lehnstuhl taugte,
Saß daneben und las und rauchte.
Da plötzlich, eh man sich’s versah,
Mit einem Mal war sie wieder da.
Mitten im Zimmer steht nun der Baum!
Man reibt sich die Augen und glaubt es kaum …
Die Ketten schaukeln, die Lichter wehn,
Herrgott, was giebt’s da nicht alles zu sehn!
Die kleinen Kügelchen und hier
Die niedlichen Krönchen aus Goldpapier!
Und an all den grünen, glitzernden Schnürchen
All die unzähligen, kleinen Figürchen:
Mohren, Schlittschuhläufer und Schwälbchen,
Elephanten und kleine Kälbchen,
Schornsteinfeger und trommelnde Hasen,
Dicke Kerle mit roten Nasen,
Reiche Hunde und arme Schlucker
Und Alles, Alles aus purem Zucker!
Ein alter Herr mit weissen Bäffchen
Hängt grade unter einem Äffchen.
Und hier gar schält sich aus seinem Ei
Ein kleiner, geflügelter Nackedei.
Und oben, oben erst in der Krone!!
Da hängt eine wirkliche, gelbe Kanone
Und ein Husarenleutnant mit silbernen Tressen –
Ich glaube wahrhaftig, man kann ihn essen!
In den offenen Mäulerchen ihre Finger,
Stehn um den Tisch die kleinen Dinger,
Und um die Wette mit den Kerzen
Puppern vor Freuden ihre Herzen.
Ihre grossen, blauen Augen leuchten,
Indess die unsern sich leise feuchten.
Wir sind ja leider schon längst „erwachsen“,
Uns dreht sich die Welt um andre Achsen
Und zwar zumeist um unser Bureau.
Ach, nicht wie früher mehr macht uns froh
Aus Zinkblech eine Eisenbahn,
Ein kleines Schweinchen aus Marzipan.
Eine Blechtrompete gefiel uns einst sehr,
Der Reichstag interessirt uns heut mehr;
Auch sind wir verliebt in die Regeldetri
Und spielen natürlich auch Lotterie.
Uns quälen tausend Siebensachen.
Mit einem Wort, um es kurz zu machen,
Wir sind grosse, verständige, vernünftige Leute!
Nur eben heute nicht, heute, heute!
Über uns kommt es wie ein Traum,
Ist nicht die Welt heut ein einziger Baum,
An dem Millionen Kerzen schaukeln?
Alte Erinnerungen gaukeln
Aus fernen Zeiten an uns vorüber
Und jede klagt: Hinüber, hinüber!
Und ein altes Lied fällt uns wieder ein:
O selig, o selig, ein Kind noch zu sein!
— Arno Holz
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An der Straßenecke
An der Straßenecke, in der Häuser Gedränge,
in der Großstadt wogender Menschenmenge,
inmitten von Wagen, Karren, Karossen
ist heimlich ein Märchenwald entsprossen,
von leisem Glockenklingen durchhallt:
von Weihnachtsbäumen ein Tannenwald.
Da hält ein Wagen, ein Diener steigt aus
und nimmt den größten Baum mit nach Haus.
Ein Mütterchen kommt, und prüft und wägt,
bis endlich den rechten sie heimwärts trägt.
Verloren zur Seite ein Stämmchen stand,
das fasste des Werkmanns ruhige Hand.
So sah ich einen Baum nach den andern
in Schloss und Haus und Hütte wandern,
und schimmernd zog mit jedem Baum
ein duftiger, glänzender Märchentraum. –
Frohschaukelnd auf der Zweige Spitzen
schneeweißgeflügelte Englein sitzen.
Die einen spielen auf Zinken und Flöten,
die andern blasen die kleinen Trompeten,
die wiegen Puppen, die tragen Konfekt,
die haben Bleisoldaten versteckt,
die schieben Puppentheaterkulissen,
die werfen sich mit goldenen Nüssen,
und ganz zuhöchst, in der Hand einen Kringel,
steht triumphierend ein pausbackiger Schlingel.
Da tönt ein Singen, ein Weihnachtsreigen –
verschwunden sind alle zwischen den Zweigen.
Am Tannenbaum hängt, was in Händen sie trugen.
Ein Jubelschrei schallt; und von unten lugen
mit Äuglein, hell wie Weihnachtslichter,
glückselig lachende Kindergesichter.
— Jakob Loewenberg
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Nun wandelt auf verschneiten Wegen…
Nun wandelt auf verschneiten Wegen
die Friedensbotschaft durch die Welt;
aus Ewigkeit ein lichter Segen
in das Gewühl des Tages fällt.
Schon blinkt die Nacht, die Glocken schwingen,
und willig macht die Menschheit halt;
das wilde Drängen, Hasten, Ringen
entschläft; der wüste Lärm verschallt.
Ein Opferduft aus Tannenzweigen,
ein Wunderbaum mit Sternenpracht,
und um den Baum ein Jubelreigen –
das ist das Fest, von Gott gemacht.
O holder Traum, laß dich genießen:
daß alles glücklich, gut und fromm!
Dann mag die Seligkeit zerfließen,
der alte Kampfplatz winken: Komm!
— Victor Blüthgen
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Kirchengesang
Wie heimlicher Weise
ein Engelein leise
mit rosigen Füßen
die Erde betritt,
so nahte der Morgen.
Jauchzt ihm, ihr Frommen,
ein heilig Willkommen,
ein heilig Willkommen!
Herz, jauchze du mit!
In ihm sei’s begonnen,
der Monde und Sonnen
an blauen Gezeiten
des Himmels bewegt.
Du Vater, du rate!
Lenke du und wende!
Herr, dir in die Hände
sei Anfang und Ende,
sei alles gelegt!
— Eduard Mörike
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Ein frohes Fest
Der Engelsgruß ist neu verkündet,
der einst erklang aus Himmelsraum,
die Kerzen werden angezündet
an dem geschmückten Tannenbaum.
Ein frohes Fest sei uns beschieden
im Tal und auf des Berges Höh’,
in lauter Stadt, im Waldesfrieden
und unsern Kindern auf der See!
— Johannes Trojan
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Weihnachten
Markt und Straßen stehn verlassen,
still erleuchtet jedes Haus
sinnend geh ich durch die Gassen,
alles sieht so festlich aus.
An den Fenstern haben Frauen
buntes Spielzeug fromm geschmückt,
Tausend Kindlein stehn und schauen,
sind so wundervoll beglückt.
Und ich wandre aus den Mauern
bis hinaus ins weite Feld,
hehres Glänzen, heil’ges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!
Sterne hoch die Kreise schlingen,
aus des Schnees Einsamkeit
steigt’s wie wunderbares Singen –
O du gnadenreiche Zeit!
— Joseph von Eichendorff
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